Experiment des Monats
September 2000

Ruhemanns Purpur

SIEGFRIED RUHEMANN entdeckte im Jahre 1911, daß Ninhydrin mit Aminosäuren und Peptiden eine blauviolette Färbung ergibt, den sogenannten "Ruhemannschen Purpur". Diese Farbreaktion ist sehr empfindlich, es lassen sich damit noch sehr kleine Aminosäuremengen nachweisen. Sie kommt beispielsweise bei Dünnschicht-Chromatogrammen von Aminosäuren zum Einsatz.
Auch der Hautschweiß enthält Spuren von Aminosäuren. Fingerabdrücke auf Papier können daher mittels der Ninhydrin-Reaktion sichtbar gemacht werden. In der Medizin wird der Ninhydrin-Test (Moberg-Test) zum Nachweis peripherer Nervenläsionen angewandt. Da die sympathischen Fasern, die die Schweißsekretion regulieren, nach Austritt aus dem Rückenmark mit den peripheren Nerven verlaufen, kommt es bei Nervenläsionen auch zum Ausfall der Schweißsekretion. Beim Moberg-Test werden Hand- oder Fußabdrücke auf Papier mit Ninhydrin-Reagenz behandelt, wobei die mit dem Schweiß freigesetzten Aminosäuren und Peptide zu einer Färbung führen.

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Geräte und Chemikalien:
Spritzflasche, Papier, Reagenzgläser
1%ige Ninhydrin-Lösung, Glycin, Prolin oder andere Aminosäuren.

Durchführung:
Finger- oder Handabdrücke auf Papier mit einer 1%igen Ninhydrin-Lösung besprühen und trocknen lassen. In einem Trockenschrank oder mit einem schwach eingestellten Bügeleisen auf 80-100°C erwärmen. Die Abdrücke werden als violette Verfärbungen sichtbar.
In zwei Reagenzgläsern eine Spatelspitze Glycin bzw. Prolin in Wasser lösen, etwa 1 ml der Ninhydrin-Lösung zugeben und im Wasserbad erwärmen. Bei Prolin tritt eine Gelbfärbung auf, bei Glycin (und allen anderen Aminosäuren mit primären Aminogruppen) eine blauviolette Färbung.

Erklärung:
Ninhydrin reagiert mit primären Aminogruppen unter Dimerisierung gemäß der nachstehenden (vereinfachten) Reaktionsgleichung. Die Aminosäure wird dabei decarboxyliert (CO2 wird abgespalten) und die Aminogruppe auf Ninhydrin übertragen. Aus der Aminosäure entsteht ein Aldehyd. Mit einem zweiten Ninhydrin-Molekül wird das Produkt gebildet, der als Ruhemanns Purpur bezeichnete Farbstoff.
Prolin enthält eine sekundäre Aminogruppe (es sind also zwei Kohlenstoffatome an Stickstoff gebunden). Die Aminogruppe kann nicht auf Ninhydrin übertragen werden. Es bildet sich ein gelb gefärbtes Additionsprodukt aus je einem Molekül Ninhydrin und Prolin.

Ninhydrin Prolin
 
Prolin

Entsorgung:
Die Reaktionslösungen können dem Abwasser beigegeben werden, nicht verbrauchte Ninhydrin-Lösung kommt zum organischen Lösungmittelabfall.

Literatur & Links:
Robert West: "Siegfried Ruhemann and the Discovery of Ninhydrin", Journal of Chemical Education, 42 (1965), 386-387
Martin Dreifert: Handfeste Spuren: Fingerabdrücke, Quarks & Co., WDR, Januar 1999
Lehrbücher zur Organischen Chemie und Biochemie


Neu: Im Chemikalien-Index wurden bei vielen Chemikalien Links zu anderen Internet-Seiten angefügt, auf denen weiterführende Informationen verfügbar sind.

August 2000: Homogene Katalyse

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Seite erstellt am: Donnerstag, 31. August 2000, A. Schunk.